Das Zündholzschachteln-MÄRCHEN


Am Samstag sollte nun also die Hochzeit ihres Patenkindes stattfinden. Michaela freute sich sehr darauf, denn beide – ihr Patenkind Regula wie auch deren zukünftiger Mann Marcel - waren ihr sehr sympathisch. Sie wünschte ihnen deshalb einen unvergesslichen Hochzeitstag und natürlich ebenfalls ein Eheleben, in dem sich beide entfalten konnten und sich wohl fühlten.

An diesem Tag – der sich übrigens wirklich wunderschön gestaltete - lernte Michaela die Geschichte von den Zündholzschachteln kennen: Pfarrer Zimmermann begann nämlich seine Hochzeitspredigt, indem er vor den Hochzeitsgästen drei Zündholzschachteln – eine blaue, eine grüne und eine gelbe – in die Luft hielt und die Hochzeitsgäste fragte, ob sie wüssten, was er damit vorhabe. Die Hochzeitsgäste sahen ihn nur fragend an.

Pfarrer Zimmermann begann, das MÄRCHEN von den drei Zündholzschachteln zu erzählen:



Es waren einmal drei Zündholzschachteln …

„In der blauen Zündholzschachtel wohnten Frieda und Ernst Steiner mit ihren drei Söhnen Marcel, Reto und Alexander“ erzählte Pfarrer Zimmermann. Sie seien – vielleicht auch, weil sie von und auf einem Bauernhof mit Stöckli lebten – eine sehr traditionsbewusste Familie gewesen. Mit Sport – auch Passivsport am Fernsehen – hätte Familie Steiner nicht viel anzufangen gewusst. Die Familie sei lieber zusammen gesessen zu einem guten – natürlich von Frieda gekochten – Essen und anschliessendem Singen von – nicht ganz so „modernen“ – Volksliedern. Es hätte vielleicht nicht immer ganz fehlerlos getönt, sei aber immer von Herzen gekommen.

In der grünen Zündholzschachtel hätten Ruth und René Reber mit ihren drei Töchtern Regula, Anita und Doris gewohnt. Die Familienmitglieder seien alle sehr sportlich gewesen, sie wären oft Ski fahren, wandern oder Velo fahren gegangen. René hätte gerne gekocht und hätte seine Familie am Sonntag oft mit einem köstlichen Essen verwöhnt. Auch sonst sei die tatkräftige Mithilfe von René im Haushalt selbstverständlich gewesen. Die gesamte Familie Reber sei völlig unmusikalisch gewesen – wenigstens was das aktive Musizieren anbeträfe. Sie hätte aber über eine sehr gute Stereoanlage verfügt, die ihnen zu Heimkonzerten verholfen hätte – vor allem von Bach sei Familie Reber begeistert gewesen.

Dann, eines Tages, hätten sich Marcel und Regula kennen gelernt. Sie hätten sich ineinander verliebt und bald beschlossen, zu heiraten. Nach der Heirat seien Marcel und Regula in die gelbe Zündholzschachtel gezogen. Noch im selben Jahr sei auch der Bauernhof Inhalt der gelben Zündholzschachtel geworden, denn Marcel und Regula hätten ihn Frieda und Ernst abgekauft. Das Stöckli, die Autogarage und ein Anteil des Gartens seien in der blauen Zündholzschachtel verblieben, denn Frieda und Ernst hätten daran noch die Nutzniessung gehabt.

Das Leben in und zwischen der blauen, der grünen und der gelben Zündholzschachtel hätte sich immer sehr friedlich gestaltet, so erzählte Pfarrer Zimmermann weiter. Regula und Marcel hätten bald auch Nachwuchs erhalten: die Zwillinge Andrea und Nicole! Das sei natürlich auch für Frieda und Ernst Steiner und Ruth und René Reber eine grosse Freude gewesen und sie hätten ihre Grosskinder sehr genossen. Frieda und Ernst und Ruth und René hätten auf dem Hof ausgeholfen oder die Kinder gehütet, wenn bei Regula und Marcel „Not am Manne oder an der Frau“ war und sie deshalb Frieda und Ernst oder Ruth und René um Hilfe baten. Regula und Marcel hätten geholfen, wenn Frieda und Ernst oder Ruth und René Hilfe brauchten.
Frieda und Ernst und Ruth und René hätten jedoch auch noch viele andere Interessen gehabt. Frieda und Ernst seien sogar ziemlich oft auf Reisen gegangen, da sie nun nicht mehr für den Hof verantwortlich gewesen seien.
Im Alltag hätten Frieda und Ernst zwar manchmal schon ein wenig leer geschluckt … beispielsweise wenn vor den Fenstern des Berner Bauernhauses im Sommer keine Geranien mehr blühten, sondern einfach … Nichts! … oder wenn der Gemüsegarten unter einer Blumenwiese verschwand, weil Regula das Gemüse direkt beim Gemüsebauern einkaufte. Besonders zu kämpfen hätten Frieda und Ernst auch mit der Tatsache gehabt, dass Marcel und Regula den Betrieb von Milchviehhaltung auf Mutterkuhhaltung umstellten. Dass Marcel – vor allem im Winter – regelmässig die Haushaltseinkäufe im Dorf erledigte und manchmal sogar kochte(!), sei Frieda und Ernst schon ziemlich komisch vorgekommen.
Frieda und Ernst waren jedoch vor allem froh, zu sehen, dass Marcel und Regula einander tatkräftig unterstützten und der Hof, das Lebenswerk von Frieda und Ernst, trotz – oder vielleicht wegen? - aller Veränderungen nicht nur immer einen gepflegten Eindruck machte, sondern weiterhin eine gute Lebensgrundlage für die junge Familie bot.
„Und so könnte“ so erzählte Pfarrer Zimmermann „noch vieles über die Familien Steiner, Reber und Steiner/Reber erzählt werden“. Wichtig sei jedoch einfach, dass alle drei Familien noch lange glücklich und zufrieden in der blauen, der grünen und der gelben Zündholzschachtel weiterlebten …