Aufgaben des Vaters/Schwiegervaters


So geht die Hofübergabe garantiert schief:

  • Lass Deine Kinder nie eine andere Ausbildung machen. Auch eine Fremdlehre kommt nicht in Frage. Ausserdem sollten sie während der Lehrzeit zu Hause wohnen.
  • Ein ausserlandwirtschaftlicher Beruf darf gar nicht in Frage kommen.
  • Sage Deinem Sohn oder Deiner Tochter, wie die künftige Schwiegertochter oder der künftige Schwiegersohn sein soll. Bestimme genau, welche Arbeiten sie oder er künftig zu erledigen hat.
  • Prüfe Dein mögliches Schwiegerkind vor der Heirat. Probearbeiten und Probekochen sind zu empfehlen. Nur so findet Dein Kind schnell den richtigen Partner fürs Leben.
  • Hofnachfolger benötigen keine eigene Wohnung. Ein kleines Schlafzimmer genügt völlig.
  • Rede möglichst bei allen privaten Angelegenheiten der jungen Leute mit und erziehe die Enkelkinder nach Deinen Vorstellungen. Die Jungen wissen noch nicht so recht, was sie wollen.
  • Erlaube keine Betriebsumstellungen. Du hast Dein Leben lang hart gearbeitet und das Richtige gemacht. Warum sollte der Nachfolger jetzt etwas anderes machen wollen?
  • Übergib den Betrieb möglichst spät. Die Jungen könnten den Hof herunterwirtschaften und junge Leute wissen mit 40 Jahren sowieso noch nicht richtig Bescheid, wo es langgeht.
  • Erlaube Deinen Kindern und Schwiegerkindern niemals Urlaub. Das ist zu teuer und die Arbeit ist ohnehin wichtiger.
  • Bevorzuge die weichenden Erben. Die sind immer so lieb, wenn sie am Sonntag zu Besuch kommen, und sie streiten auch nicht über die Arbeit am Bauernhof.

(Zitat aus „Übergeben ohne Zoff“, dlz 6/2009)



Den Sohn loslassen
(siehe auch „Lösungsansätze (für die Schwiegertochter) / Grundwissen Familienrollen")

Väter haben oft Mühe zu akzeptieren, dass ihre Söhne erwachsen geworden sind, dass daher ihr Stellenwert als Vorbild, als „Rudelführer“ relativiert wird.

Doch Ernst muss seinen Sohn "loslassen“, er muss seinen Sohn erwachsen werden lassen, wenn er in Frieden mit ihm und seiner Familie auf dem Hof zusammenleben will.

Für Ernst bedeutet das: Er muss lernen – auch wenn das sehr schwer ist - zu akzeptieren, dass Marcel sein eigenes Leben führt (z.B. keine Kinder haben (kein Hofnachfolger!), eine „Rostlaube“ fahren, vier Wochen Ferien pro Jahr, Milchkühe anstatt Mutterkühe, usw., usw.). Er muss lernen, dass Marcel seine eigenen Visionen leben darf und nicht die Visionen seines Vaters leben muss. Marcels Visionen sind nicht besser oder schlechter, nur anders.



Den Betrieb loslassen
(siehe auch „Lösungsansätze (für die Schwiegertochter) / Grundwissen Betriebshierarchie")

Oft ist ein Bauernhof ein Lebenswerk. Sämtliche Zeit und Kraft wurde in den Hof gesteckt, Zeit für Hobbies, usw. blieb nicht viel. Die Betriebsleiter sind gewohnt, Entscheidungen zu treffen.
Aus diesen Gründen ist es für die ältere Generation schwierig, den Betrieb loszulassen, die Entscheidungen betreffend den Betrieb der jüngeren Generation zu überlassen. Erschwert wird diese Tatsache noch dadurch, dass die ältere Generation durch das nahe Zusammenleben jeden Tag alles und jedes sieht, was auf dem Hof passiert oder nicht passiert.
Es fällt Vätern schwer – auch nach dem Verkauf des Betriebes an den Sohn -, die Führung ihres Betriebes abzugeben - an den „Rivalen“. Sie fühlen sich beleidigt, wenn ihr Sohn Betriebsumstellungen vornimmt und finden sich im Nachhinein in Bezug auf ihre Betriebsführung desavouiert.

Doch Ernst muss - auch wenn dies sehr schwer ist – in Bezug auf den verpachteten oder verkauften Betrieb akzeptieren, dass er nicht mehr „Befehle erteilt“, sondern höchstens „Befehle entgegennimmt“ – und erst noch von jüngeren und „fremden“ Personen (Schwiegertochter).

Beispiel: Stellen Marcel und Regula den Betrieb von Milchviehhaltung auf Mutterkuhhaltung um, stehen Ernst zwei Wege offen: Er kann sich entscheiden, Freude am Pioniergeist von Marcel und Regula sowie den Mutterkühen zu haben oder er kann sich dazu entscheiden, beleidigt zu sein und die Betriebsumstellung als nachträgliche Absage an seine Fähigkeiten als Betriebsleiter zu betrachten. Der zweite Weg wird das friedliche Zusammenleben der Generationen sehr erschweren.



Die Schwiegertochter (in ihrem Territorium) machen lassen
Oft erledigt die Schwiegertochter heutzutage auch auf dem Betrieb gewisse Arbeiten, führt vielleicht einen Betriebszweig sogar selbständig.
Ernst kann sich damit abfinden und Freude daran haben, dass Regula sich für seinen ehemaligen Hof einsetzt oder er kann darüber beleidigt sein, dass sie Arbeiten ausführt, für die jahrelang er zuständig war. Es ist normal, dass die jungen Betriebsleiter auf ihrem Betrieb entscheiden, wer wann welche Arbeit macht, auch wenn Ernst dies nicht passt. Regula führt Betriebsarbeiten nicht aus, um Ernst zu beleidigen oder ihm zu schaden, sondern weil sie Freude daran hat und es für sie und Marcel so stimmt.



Richtig mit „Erfahrung“ umgehen
Es stimmt, Ernst verfügt aufgrund seines Alters über weit mehr Erfahrungen in Bezug auf die Rolle als Ehemann, Vater, Betriebsleiter usw. als die jüngere Generation. Im Zusammenleben mit der jüngeren Generation muss er jedoch folgendes beachten:

  • Seine Erfahrungen passen möglicherweise nicht mehr in die heutige Zeit (andere Gesetze, neue Labels, strengere/weniger strenge Kindererziehung usw.)
  • Jeder Mensch hat das Recht, eigene Erfahrungen zu machen.


Erwartungen und Wünsche aussprechen
Unausgesprochene Erwartungen und Wünsche können das friedliche Zusammenleben der Generationen sehr erschweren: Wie soll der andere Erwartungen und Wünschen entsprechen, die er gar nicht kennt? Es gibt immer wieder Situationen, wo man sich äussern muss: „Ich möchte weiterhin den Hausplatz vor dem Bauernhaus wischen. Wie denkt ihr darüber?“ Wichtig ist dabei, auch ein eventelles "Nein" oder "Lieber nicht" wohlwollend (und nicht beleidigt) zu akzeptieren.



Grenzen beachten
Ernst muss sich auf dem Territorium der jüngeren Generation (Betriebsareal aber auch Privatwohnung, Sitzplatz, usw.) an die Regeln von Marcel und Regula halten, auch wenn dies „Kleinigkeiten“ sind wie zum Beispiel fragen, ob es recht ist, dass er den Motormäher (der vorher ihm gehörte!) braucht, um dem Nachbarn auszuhelfen.

Enkelkinder sind etwas Schönes. Die Erziehung der Enkelkinder jedoch ist Sache von Regula und Marcel, nicht von Ernst.

Ernst ist als Pensionierter gegenüber anderen Pensionierten im Vorteil: Er darf sich „schrittweise pensionieren lassen“ und ist nicht, wie andere Pensionierte, von einem Tag auf den anderen im Geschäft „unerwünscht“. Trotzdem sollte Ernst nicht davon ausgehen, dass Marcel und Regula froh und glücklich sind, wenn er sich jeden Tag im Stall und allenfalls auch noch im Privatleben von Regula und Marcel aufhält. Es genügt, wenn er Hilfsbereitschaft signalisiert.



Grenzen setzen, „Nein“ sagen
Bei „Übergriffen“ durch Marcel oder Regula auf das Territorium von Ernst (Autogarage, Gartenanteil, Stöckli, Privatleben) sollte Ernst nicht „schweigen und schlucken“, sondern – mit anständigen Worten - Grenzen setzen.

Ernst muss nicht immer ja sagen, wenn er von Marcel oder Regula um Hilfe angegangen wird. Er muss nicht jederzeit zur Stelle sein, um Grosskinder zu hüten, Stroh pressen zu helfen usw. Er darf seine eigenen Visionen leben (Vereine, reisen, Freiwilligenhilfe usw.).



Es ist nicht gut, wenn die Eltern den Rauch des Kaminfeuers sehen
Der Betrieb war viele Jahre Lebensinhalt von Ernst. Er erlebt nun durch das nahe Zusammenleben mit Regula und Marcel jegliche kleinste Veränderung mit, auch unliebsame. Dies kann sehr schwierig sein. Für Ernst und Frieda wäre es eventuell einfacher, ihren Lebensabend nicht auf dem Hof, sondern im nahen Dorf zu verbringen.



Die Eltern ehren / Traditionen
Ernst muss beachten, dass das Gebot „Ehre deinen Vater und deine Mutter“ nicht mehr gleich ausgelegt wird wie zu seiner Zeit. Heutzutage genügt es nicht mehr, einfach „alt“ zu sein und mehr Erfahrung zu haben, um respektiert zu werden. Auch Ernst muss Marcel und Regula Respekt entgegenbringen. Den Motormäher zu brauchen oder den Sitzplatz der jüngeren Generation zu reinigen, ohne zu fragen, hat nichts mit Respekt gegenüber der jüngeren Generation zu tun – auch wenn es „gut“ gemeint ist.
Ernst muss sich bewusst sein, dass Marcel und Regula nicht sämtliche von Frieda und Ernst gelebte Traditionen übernehmen müssen. Es ist möglich, dass gewisse Traditionen zum Wohle des Betriebes abgeschafft werden und neue eingeführt werden müssen.



Ernst darf nicht nur „Facharbeit“, sondern er muss auch „Beziehungsarbeit“ leisten
Auf einem Hof, auf dem die Generationen friedlich zusammen leben wollen, gibt es nicht nur Facharbeit (Fütterung der Kühe, Reparatur von Maschinen, säen, ernten, usw.) zu leisten, sondern auch sehr viel Beziehungsarbeit.
Die Schwiegertochter zu beschimpfen und zu beleidigen ist Beziehungsarbeit, jedoch sehr destruktive. Will Ernst ein friedliches Zusammenleben der Generationen, muss er sich gegenüber Marcel und Regula respektvoll benehmen – dies ist konstruktive Beziehungsarbeit.
Auch wenn er selber keine „Probleme“ mit Marcel und Regula hat, jedoch seine Frau „gegen“ ihre Schwiegertochter arbeitet, darf er nicht einfach nichts tun und nichts sagen. Er hat seine Frau darauf hinzuweisen, dass sie sich nicht korrekt verhält. Flüchtet er sich in Facharbeit und vermeidet Beziehungsarbeit, trägt er in grossem Masse dazu bei, den Frieden zwischen den Generationen zu untergraben.



Dies hilft, die Zeit nach der Übergabe zu meistern:

  • Die Hofübergabe bereits vor der Pensionierung für alle Beteiligten als eine Chance sehen.
  • Die Vorstellung entwickeln, dass nach der Hofübergabe ein neues Leben beginnt.
  • Frühzeitig nach neuen Aufgaben und Interessen suchen, die nach der Übergabe gepflegt werden können.
  • Bewusst Abstand nehmen, eventuell den Wegzug vom Hof in Betracht ziehen.
  • Die Paarbeziehung pflegen und sich gemeinsam der Frage von Nähe und Distanz stellen.
  • Den Alterungsprozess als natürlichen Vorgang hinnehmen und das tägliche Leben den Bedürfnissen des Körpers anpassen.

(Zitat aus „Nach der Hofübergabe“, Die Grüne 22/2006)